Gute Perspektiven in Gesundheitshandwerken etwa als Zahntechniker
„Gesundheitshandwerke wie Zahntechniker sind essenziell, um die Bevölkerung flächendeckend und wohnortnah zu versorgen“, so ZDH-Präsident Wollseifer im „Zahnjournal“.
Die Berufsperspektiven im Handwerk und hier – angesichts einer immer älter werdenden Bevölkerung – ganz besonders in den Gesundheitshandwerken sind trotz der aktuell allgemein schwierigen Lage weiter gut und es bieten sich hier attraktive Karrierewege für junge Menschen, sagte Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), im Gespräch mit Christine Braun vom „Zahnjournal“.
Herr Wollseifer, brauchten Sie selbst in der letzten Zeit die Unterstützung durch einen Handwerker? Wie lange mussten Sie warten?
Privat habe ich in den vergangenen Wochen keine Handwerkerin oder Handwerker benötigt, aber für meine Firmen, besonders meine Immobilienverwaltungsfirma, brauche ich schon regelmäßig Handwerkerinnen und Handwerker zur Reparatur, Sanierung oder Instandhaltung. Und da geht es mir wie allen Kundinnen und Kunden derzeit: Die Wartezeiten sind leider sehr lang, im Durchschnitt dauert es rund elf Wochen, bei Bauhandwerkerinnen und -handwerker sogar rund vier Monate, bis sie kommen.
Und wenn Sie eine Photovoltaikanlage auf Ihr Dach installieren möchten, kann es sogar noch länger sein, weil dann auch noch hinzukommt, dass Teile und Materialien wegen der unterbrochenen oder gestörten Lieferketten fehlen. Fast alle Gewerke kämpfen mit Lieferengpässen, exorbitanten Preissteigerungen und dem Fachkräftemangel – das Handwerk muss derzeit wirklich gewaltige und vielfältige Belastungen stemmen.
Welche Perspektiven sehen Sie für das Handwerk?
Auch wenn die aktuelle Situation wahrlich nicht einfach ist, bleibe ich für das Handwerk und seine Zukunft zuversichtlich: Denn wenn eines in diesen ungewissen Zeiten gewiss ist, dann sicherlich, dass dem Handwerk die Arbeit nicht ausgehen wird. Handwerkerinnen und Handwerker versorgen uns mit Lebensmitteln und vielen Dingen des täglichen Bedarfs. Handwerkerinnen und Handwerker sind entscheidende Macher von Energie- und Mobilitätswende, denn sie bauen Windparks, installieren Solarpaneele und Ladesäulen für E-Autos und tauschen Heizungen aus.
Handwerkerinnen und Handwerker braucht es zudem auch angesichts der demografischen Entwicklung, denn sie bauen Bäder altersgerecht um und versorgen die älter werdende Bevölkerung mit Brillen, Hörgeräten, Prothesen, orthopädischen Schuheinlagen und eben auch Zahnersatz. Als Zukunftsgestalter wird es für Handwerkerinnen und Handwerker also bestimmt weiter viel zu tun geben.
Wie schätzen Sie die Bedeutung des Handwerks mit Blick auf Grundgüter und Dienstleistungen ein – für die Wirtschaft allgemein, die Volkswirtschaft und die Bevölkerung?
Das Handwerk hält unser Land am Laufen. Hinter unserem häufig als so selbstverständlich genommenen Alltag stecken ganz ganz viele handwerkliche Leistungen und Produkte: nicht auszumalen, wie unser Alltag aussähe, gäbe es etwa nicht die Bäckerin oder den Fleischer, den Friseur oder die Kosmetikerin, die Schneiderin oder den Textilreiniger, den Straßenbauer oder den Elektroniker – um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Hinzu kommen die Handwerke für den Infrastrukturausbau und den gesamten Wohnungsbau inklusive der altersgerechten Umbauten und natürlich die vielen Klimaberufe, die aktuell ohnehin im Fokus stehen.
Und ganz zu schweigen von den vielen Gesundheitsberufen, die so essenziell sind, um eine alternde Bevölkerung so zu versorgen, dass ein gutes Leben auch im hohen Alter möglich ist. Mit Fug und Recht wage ich zu behaupten, dass Gesellschaft und Wirtschaft nur mit dem Handwerk funktionieren können.
Es ist allerhöchste Zeit, diese zentrale Bedeutung zu erkennen und auch entsprechend anzuerkennen: Es braucht mehr Wertschätzung für das Handwerk und für handwerkliche Ausbildung – ideell wie auch finanziell. Das ist im Interesse von uns allen, denn die vielen großen Aufgaben, die in unserem Land anstehen, können nur mit dem Handwerk gelingen!
Als Präsident des ZDH haben Sie die Belange aller deutschen Handwerksberufe im Blick. Mit Blick auf die Zahntechnik: Welche grundlegenden Erfordernisse sehen Sie dort? (Versorgungssicherheit für Patienten, Aufrechterhaltung der wohnortnahen Versorgung, Sicherstellungsauftrag)
Eine der großen Stärken des Zahntechniker-Handwerks ist es, eine flächendeckende und damit wohnortnahe Versorgung für Zahnärzte und Patienten sicherzustellen. Das gelingt, weil wir in Deutschland vor allem mittelständische, oftmals inhabergeführte Strukturen haben. Das führt zu einer herausragenden Anbietervielfalt! Wir wollen das zahntechnische Meisterlabor im Dialog mit den Krankenkassen und der Zahnärzteschaft als unverzichtbaren Pfeiler und Garanten der qualitätsorientierten Versorgung mit Zahnersatz positionieren.
Wie in anderen Handwerksberufen und im Gesundheitswesen insgesamt sind die fehlenden Fachkräfte auch für die gewerblichen Dentallabore eine zentrale Herausforderung. Das Zahntechniker-Handwerk beweist Innovationskraft und Anpassungsfähigkeit, indem digitale Herstellungsverfahren umfassend genutzt werden. Dadurch lassen sich über Effizienzgewinne personelle Engpässe zumindest teilweise kompensieren. Langfristig behindert der Fachkräftemangel allerdings auch im Zahntechniker-Handwerk das Wachstumspotenzial unserer Betriebe.
Aktuell bereitet natürlich die Inflation Sorgen. Wegen der gesetzlichen Vorschriften im Vergütungssystem des Gesundheitswesens ist es für unsere Zahntechnikerinnen und Zahntechniker derzeit nicht möglich, die vielfachen Preissteigerungen in den Verhandlungen auszugleichen. Das muss dringend geändert werden, sonst sind auf Dauer die Meisterlabore gefährdet.
Zahntechnik funktioniert auch kurzfristig. Reparaturen sind binnen 1-2 Tagen möglich. Das liegt an der wohnortnahen Versorgung durch die Meisterlabore. Wie schätzen Sie in diesem Zusammenhang die außereuropäische Produktion ein?
Eines muss klar sein: Es geht um Qualität und Sicherheit zahntechnischer Medizinprodukte. Der Meister-Titel ist und bleibt das beste Instrument für die Sicherung bester Qualität in der Zusammenarbeit zwischen handwerklichem Dentallabor und Zahnarztpraxis. Es geht um eine wohnortnahe Versorgungsstruktur.
Das bedeutet, dass es Anbieter braucht, die von der High-Tech-Kronenversorgung bis zur eilbedürftigen Reparatur die gesamte Kunst der Zahntechnik vor Ort beherrschen. Das garantieren die zahntechnischen Meisterlabore in Deutschland. Klar ist, dass die Patienten auf die gesamte Breite dieses Leistungsvermögens angewiesen sind. Und insbesondere die Zahnärzte brauchen das bewährte zahntechnische Meisterlabor als Partner jeden Tag flexibel vor Ort.
Eine Produktion im Ausland mit seinen unwägbaren Lieferketten erscheint bei dieser Betrachtung der notwendigen Vor-Ort-Versorgungsstruktur eher unverständlich und insgesamt sogar unwirtschaftlich. Wer in Deutschland den hohen Standard von Sicherheit und Qualität durch das Meisterprinzip will, sollte es bei Medizinprodukten nicht durch selektive Auslandsproduktion infrage stellen.
Welche Perspektiven sehen Sie für das Zahntechnikerhandwerk? Welche Herausforderungen?
Das Zahntechniker-Handwerk bietet attraktive Karrierewege für junge Menschen mit vielfältigen schulischen Hintergründen. Als Zahntechnikerin oder Zahntechniker kann medizinisch-technisches Interesse mit handwerklichen Fähigkeiten verbunden werden. Präzision, Geduld und manuelles Geschick sind gefragt.
Es wird mit unterschiedlichsten Materialien und neuen technologischen Fertigungstechniken gearbeitet. Daneben bieten sich im Zahntechnikerhandwerk natürlich auch gute Möglichkeiten zur Selbstständigkeit und eigenen Betriebsführung. Einsatzfelder und Tätigkeiten gibt es also für jede und jeden – vom Hauptschulabschluss bis zum Abitur, für Männer und Frauen gleichermaßen – und am Ende leistet man als Zahntechnikerin oder Zahntechniker doch einen entscheidenden Beitrag, um Menschen wieder ein strahlendes Lächeln zurückzugeben.
Quelle: Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH)
Bild: www.amh-online.de